
Festa Verlag
978-3-86552-528-4
Zweifellos eine Grenzerfahrung – aber auch genial?
“Cows” von Matthew Stokoe zählt zu den härtesten Büchern aller Zeiten. Meine Neugierde auf diesen Roman wurde
durch die entsprechenden Pressestimmen geweckt, aufgrund derer ich mir folgende Frage stellte: kann es denn so
schlimm werden? Und was soll ich sagen: es kann! Von Anfang an wird der Protagonist Steven, der mit seinen
fragwürdigen Ansichten alles andere als eine Identifikationsfigur ist, durch einen Strudel aus ausufernden
Exzessen von Degradierung und Gewalt in sämtlichen Formen gezerrt. Die Beschreibungen dieser Gräuel sind
explizit und sprachlich erschreckend originell. Mehrmals fiel mir die Kinnlade herunter, ein paar Mal habe ich
das Buch zur Seite gelegt. Weshalb ich dennoch bis zum Schluss durchgehalten habe? Weil in all dem sich
Ergötzen an Blut, Krankheit, Verstümmelung, Wahn, Psychoterror und Exkrementen nicht nur wahre literarische
Qualität erkennbar war, sondern auch immer wieder aussagekräftige Schilderungen über die Folgen von fehlender
Liebe, das Verhältnis zwischen Mensch und Tier, die Isolation des Individuums und das zehrende Leben in der
Unterschicht aufblitzen. Doch eben dieser mutige, symbolische Horror verlor sich mir zu oft in dem Suhlen von
Extremitäten, wodurch bei mir teilweise der Eindruck entstand, dass es sich eher um die Auslebung von
Gewaltfantasien seitens des Autors anstatt um erzählerischen Anspruch handelt. Unterm Strich hätte ich mir
mehr Kunst und weniger Brechreiz gewünscht. Empfehlen kann ich dieses Buch nicht einmal hartgesottenen
Horrorfans, sondern nur denjenigen, die eine wahrhaftige literarische Grenzerfahrung erleben möchten.
Vielleicht sieht so mancher Fan des Extremen auch mehr in diesem Werk als ich bereit war zu erkennen.